Die Gründe sind vermutlich vielfältig – so vielfältig wie wir Frauen vielschichtig sind. Wir denken zu viel nach über wer ist wer, wer hat welche Position, welchen Rang, wie funktioniert was, wie und wo kann ich mich als Frau eventuell einbringen.
Und dann entscheiden wir uns zwischen zwei Möglichkeiten: Entweder wir reagieren abwartend und zurückhaltend oder wir preschen los, wie Elefanten, die im Glashaus sitzen und mit Steinen schmeißen.
Es ist doch gar nicht schlecht: Wir können frei wählen, wir können arbeiten, ohne unsere Ehemänner fragen zu müssen, wir können unsere Meinungen frei äußern, wir können lernen und studieren, was wir möchten. Das kennen unsere Eltern mit den Jahrgängen bis ca. 1950 noch nicht von klein auf. Sie haben also noch die Hausfrauenrolle vorgelebt bekommen.
Es gibt eine Minderheit unter Männern – und meist sind es die der älteren Generationen – die in ihrer männlichen „Versorgerrolle“ verhaftet sind und diese Ansicht nicht aufgeben wollen. Auch mir hat mein damaliger Chef, einer der älteren Generation, angeraten, bei den Kindern zu Hause zu bleiben: „Das wäre für die Kinder besser“, hat er gesagt. Liebe Frauen, diese Männer sind inzwischen in der MINDERHEIT!
Ich kenne viele Männer, die sagen, sie würden gerne zu Hause bleiben und die Kinder betreuen – wenn wir Frauen genauso viel verdienen würden, damit der Lebensstandard gehalten werden kann. Männer – zumindest die der jüngeren Generation – nehmen uns Frauen als GLEICHBERECHTIGT wahr.
Leider – zu oft – noch nicht. Wir Frauen versuchen, alles unter einen Hut zu bringen und alle Rollen zu übernehmen, von denen wir annehmen, dass wir sie ausführen müssten. Wir machen und tun und fühlen uns doch zerrissen, weil wir keiner Rolle zu 100% gerecht werden können. Viele Frauen haben sich mit dieser Situation irgendwie arrangiert – und äußern ihren Unmut über jammern, meckern und anderen die Schuld an ihrer Situation zu geben.
Laut der Pressekonferenz des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) am vergangenen Freitag (05.03.2021) sind Frauen zwar immer öfter vertreten, auch in Führungspositionen, allerdings noch weit unter 50%. Die Tendenz steigt langsam. Während es in Unternehmen noch stark von der Unternehmenskultur abhängt, ob die Führungsriege Frauen auf der gleichen Ebene duldet, liegen Unternehmen, die die Führungspositionen nach Leistung und nicht nach Geschlecht besetzen, im Wettbewerb weiter vorn.
Politische Institutionen wandeln sich zunehmend. Auch hier sind bereits einige Frauen vertreten, selbst einst männerdominierte Ministerien liegen in Frauenhänden. In den Landesparlamenten sind laut BMFSFJ derzeit im Schnitt nur unter 30 % Frauen vertreten. Auch hier gibt es zwar noch kein ausgewogenes Verhältnis, doch es soll sich etwas tun: bis zum Jahr 2025 soll in politischen Institutionen der Anteil bei 50/50 liegen.
Wenn Sie Ihrem Umfeld auf Augenhöhe begegnen, wird man(n) Sie anders wahrnehmen: selbstbewusst und selbstbestimmt. Sie wissen, was Sie wollen, können es klar ausdrücken, ohne andere abzuwerten. Niemand möchte abgewertet werden. Weder Frauen noch Männer. So wird sich ein anderes Lebensgefühl hin zu mehr Miteinander entwickeln – und wir werden zu gleichen Teilen mitbestimmen können.
Denn letztendlich brauchen wir einander. Wir können ohne den anderen gar nicht leben, denn das Leben entsteht nur durch uns beide gemeinsam.
Wir Frauen brauchen keine Retter, denn wir sollten wissen, wer wir sind uns was wir können. Genau dieses braucht die männerdominierte Welt, um im Wettbewerb vorne mithalten zu können. Das belegt eine Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)[1]: „Women in Business und Management: The business case for change“.
Der konkrete Nutzen ist, dass wir die Gleichstellung von 50/50 mit einem gegenseitigen Umgang auf Augenhöhe erreichen werden.
[1] https://www.ilo.org/berlin/presseinformationen/WCMS_703609/lang–de/index.htm
Es ist Zeit, dass wir Frauen unsere Opferrolle aufgeben. Wir brauchen sie nicht mehr, da wir heute ein selbstbestimmtes Leben führen können.
Es ist Zeit, auf die Gemeinsamkeiten hinzuweisen und dass wir nur gemeinsam die Zukunft gestalten und sichern können.
Packen wir es gemeinsam an!
Ihre
Annette Christ
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Annette Christ
2 Kommentare
Das Wichtigste fehlt, weshalb Männer überwiegend Frauen im Berufsleben hinter sich lassen: das Netzwerken – meist in den Abendstunden, wenn Frauen Kinder betreuen und es gilt: je weniger Qualifikation, desto mehr Aktivitäten in „Kungelrunden“ – siehe Politik Kevin Kühnert und Lars Klingbeil. Deren Einkommen erreicht auch die qualifizierteste Frau nie. Sie halten sich zu lange mit dem Wissens- und Qualifikationserwerb auf.
Guten Tag Frau Dorn, (oder Herr Dorn?)
vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich finde es gut, dass Sie das Netzwerken ansprechen. Aus meiner Sicht ist es nicht das Wichtigste, aber es ist auch ein wichtiger Aspekt. Leider bekommt das Netzwerken durch den Vergleich mit „Kungelrunden“ einen negativen Touch.
Was wir Frauen uns von dem Netzwerken bei Männern abgucken könnten: Ohne Neid zusammenhalten, sich auf Augenhöhe begegnen und sich gegenseitig unterstützen.
Was wir uns auf keinen Fall abgucken sollten, ist: Positionen ohne Sinn und Verstand zu besetzen. Deshalb bin ich auch für das lebenslange Lernen – um zu wissen, was man tut.
Wie wir unseren eigenen Weg gehen können: Wir können uns gerade mit unseren unterschiedlichen Qualifikationen und Fähigkeiten unterstützen und auf diese Weise sinnvoll entsprechende Positionen ausfüllen und anreichern. Ohne Neid und ohne zu denken: Das habe ich mir hart erkämpft – das musst Du jetzt auch.